Wenn mich jetzt gerade jemand fragen würde, wie fühlst du dich... ich wüsste nicht was ich antworten sollte. Irgendwie gehts mir gerade schon fast gut, aber gleichzeitig auch schlecht. Im Grunde bin ich Mira und Lara extrem dankbar für diesen Tag. Für ein paar Stunden Ablenkungen, lachen und einfach mal ein fast ganz normales Leben führen. Ihr glaubt nicht wie ich sowas vermisse. Ich weiß zwar nicht mehr, wie man normal ist, was ein normales Essverhältnis ist oder wie ein normales Verhältnis zum Leben aussieht, aber ich weiß, dass das Leben unglaublich schön sein kann, auch wenn ich im Moment davon nicht so viel mitbekomme. Aber dafür, dass ich jetzt schon so lange essgestört bin, ist mein Leben noch verdammt schön und lebenswert. Und dieses Theater mit der Lehrerin führt dazu, dass ich mich noch kränker und schwächer fühle. So ist zumindest mein Eindruck. Als ich gestern oder auch letzte Woche mit ihr gesprochen habe, habe ich gesagt "mir gehts im Moment ja nicht so gut" und sie sagt dann " dir gehts überhaupt nicht gut ( ...) ". Das gleiche Phänomen gibts ja auch in Krankenhäusern. Wenn man immer wieder daran erinnert wird, dass man blass ist oder man sieht, dass es einem nicht gut oder man einfach zu oft über seine Krankheit spricht wieder man noch kränker, auch wenn das eigentlich von der Psyche ausgeht. Ich hab mir jetzt geschworen bis zu den Weihnachtsferien nicht mehr über meine Krankheit zu sprechen... mal gucken, ob es mir dann besser geht. Und auch wenn das jetzt etwas gehässig klingen mag, am liebsten würde ich der Lehrerin mal zeigen, dass ich einfach momentan nicht mit ihr reden will. Klar, die letzten Gespräche gingen von mir aus, aber ich will ihr zeigen, dass ich auch ein normales Leben kenne, ohne Bulimie. Der Unterricht ist mir viel zu anstrengend, aber es gibt auch viele Sache, die mir Kraft geben und die mir zeigen, wie lebenswert das Leben ist. Ich fühle mich momentan teilweise zum zerbrechen und wie ausgekotzt gleichzeitig, aber ich glaube meine Kraft ist noch nicht zuende. Solche Tage wie heute treiben mich an, geben mir Kraft, sodass ich mein Leben genauso weiterleben kann wie es ist! Und diese Erkenntnis ist verdammt wertvoll. Ich weiß nicht, wie die nächste Woche werden wird. Laut Arbeitsplan meiner Mutter etwa so wie diese Woche, aber man weiß ja nie. Und genau, da ist das Risiko, was ist wenn sie mal zwei Stunden eher nach Hause kommt und ich gerade mitten im Essanfall drinn bin oder mit dem Kopf und Finger im Hals über der Kloschüssel hänge. Dann fliegt mein ganzens "Doppel-leben" auf und ich lande in einer Klinik und werde gezwungen gesund zu werden und bin dann wirklich UNFREI!
So bescheuert das klingen mag, aber die Bulimie gibt mir die größte Freiheit, obwohl ich der ärmste Sklave meiner selbst bin.
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